Augsburger Allgemeine, Ulm 27.10.12
Im Tempel des Jazz

Weiche Melodien, warme Akkorde und schwebende Melancholie machen sich breit, wenn das Tiny-
Schmauch-Quartett auftritt. Der Zuhörer wird von einer Ruhe erfasst, als befinde er sich in einem
Meditationszirkel. Das liegt an der unglaublichen Perfektion dieser Band, die auf ihre Fahnen „Jazz
und mehr“ geschrieben hat. Jetzt hatten die Musiker aus dem Allgäu im Ulmer Café Wintergarten
einen intensiven Auftritt als Auftakt zum Herbstprogramm des Verein Kunstwerk.
Der Kaufbeurer Bassist Tiny Schmauch hinterließ im Ulmer Café Wintergarten im Kreis seines
Jazzquartetts einen starken Eindruck. Foto: Michael Peter Bluhm
Von Michael Peter Bluhm Ulm
Bassist Tiny Schmauch hat sich mit Barbara Ehlich (Alt-Sax), Pit Decker (Gitarre) und Laslo Demeter
(Drums) ein Quartett geschaffen, das den hohen Ansprüchen des Kaufbeurer Bandleaders genügt und ihm
auf seinen Experimentwegen nahezu blindlings folgt. „Schmauchspuren“ heißt sein neues Album, das er
jetzt in Ulm vorstellte, bei dem Gedichte seines Patenonkels vertont wurden, die durch Tiefgründigkeit und
Poesie glänzen. Mit Musik entwickeln sie einen ganz besonderen Zauber und die von seinem Bassspiel
begleitete hohe Stimme von Tiny Schmauch wirkt geradezu andächtig, als befinde man sich in einem
Gotteshaus und nicht im Wintergarten. In dieses originelle Konzept fügen sich wie aus einem Guss die
Quartettmitglieder ein, traumwandlerisch sicher geführt vom Schlagzeuger Laszlo Demeter. „Suizidale
Zeit“, „die Kinder von Coca Cola“, „den Weg gehen“ sind ein paar Gedichtsbeispiele für die große
Schaffenskraft des geliebten Onkels, der einmal Priester in Wien war, bevor er sich anders entschied und
Vater von drei Kindern wurde.
„Gedichte und Gedünne“ nannte der Wortjongleur seine Werke, die Tiny Schmauch in atmosphärisch dichte
Tonbilder umwandelte, die der Zuhörer förmlich erspürte. Um die Empfindungen nicht allzu sehr zu
strapazieren, schob das Quartett immer wieder Standards, Balladen und vor allem fein gesponnene Bossa-
Novas ein und demonstrierte auch hier seine leise Perfektion, die ohne jede Effekthascherei auskommt. Ein
Auftakt für das Kunstwerk nach Maß. Beschwingt und berührt ging man nach Hause und darf sich auf
weitere Konzerte dieser originellen Reihe freuen.